Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes (Trinität) ist heute nur noch schwer zu vermitteln. Das hat u.a. sprachliche und auch soziologische Gründe. Im 4. Jahrhundert wurde von dem „einen Gott in drei Personen“ gesprochen. Damals war unser Person-Begriff überhaupt nicht bekannt. Unter persona verstand man eine Maske im Theaterspiel, durch die hindurch eine bestimmte Rolle ertönte (lat. personare = hindurchtönen).
Dazu kommt die uns heute sehr fremde Ausrichtung auf (ausschließlich) männliche Akteure. Auch in dieser Hinsicht ist es wichtig, die zentralen Begriffe „Vater“ und „Sohn“ aus ihrem damaligen Kontext zu verstehen und für die heutige Zeit zu rekontextualisieren.

Die Ursprünge des christlichen Glaubens liegen in einer Zeit, die sehr stark patriarchalisch bestimmt war. „Patriarchalisch“ kommt von „Patriarchat“. Das ist die Herrschaft des pater familias, des Oberhauptes in einer Großfamilie. Der Patriarch war für alle verantwortlich, die in der Großfamilie lebten. Er sorgte für sie und beschützte sie. Wie ein guter Hirte seine Herde. Die Mitglieder der Großfamilie erkannten den Patriarchen als Vater und Hirten an. Und wenn der sich einmal nicht selbst um etwas kümmern konnte, schickte er einen Sohn als Stellvertreter. Der handelte dann nicht in seinem eigenen Namen, sondern im Namen des Vaters – so, als ob der Patriarch selbst da wäre.

Genau so stellten sich die Menschen die Beziehung zu Gott vor: Gott hat die Welt gemacht und kümmert sich um seine Schöpfung. Die Menschen erkennen ihren Gott als höchste Instanz an. Sie „lieben ihn wie er sie liebt“. Das heißt: Sie gehorchen seinen Anweisungen, weil sie wissen, dass sie gut für sie sind.
Für die notwendigen politischen Entscheidungen hat Gott Könige als „Hirten“ eingesetzt. Die werden „Söhne Gottes“ genannt. Sie haben die Aufgabe, sich im Namen Gottes für das Wohl ihrer Völker einzusetzen. Und je nachdem wie ein König sich an die Gebote Gottes hält, wird er vom Volk als Führer anerkannt – oder eben nicht.

Denn dieses System funktioniert nur, wenn die Beziehung („die Chemie“) zwischen „Vater“ (Patriarch oder Gott), „Sohn“ (Stellvertreter) und den einzelnen Menschen stimmt. Wenn ein ganz bestimmter Geist in dieser Beziehung herrscht: Fürsorge auf der einen Seite, Anerkennung auf der anderen. Fürsorge und Anerkennung sind zwei Erscheinungsformen von Liebe. Der „Vater“ liebt sein Volk; die Mitglieder des Volkes (vom Propheten Hosea als „Sohn“ bezeichnet) lieben ihren „Vater“, indem sie ihn als Autorität anerkennen. Dieser Geist der Liebe wird „Heiliger Geist“ genannt. Er ist wie der Atem, der ein- und ausströmt: Liebe erfahren – Liebe geben.

Im Matthäusevangelium sagt Jesus zu seinen Jüngern: Tauft die Menschen „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“! Später mussten sich christliche Theologen mit der Frage auseinandersetzen, ob damit etwa drei einzelne Götter gemeint seien. Nein, antworteten sie: Es gibt nur den einen Gott. Aber Gottes Gegenwart zeigt sich auf unterschiedliche Weise.

Gottes Gegenwart zeigt sich in der Schöpfung. Gott hat die Welt gemacht und sorgt für sie.
Dann schickt Gott seinen Stellvertreter: Jesus Christus. Er ist der „eingeborene Sohn“, das genetische Abbild des himmlischen Vaters. Wie ein guter Hirte kümmert sich der Sohn im Namen des Vaters um dessen „Herde“. Er setzt sich mit seinem ganzen Leben dafür ein, dass die Menschen auf den richtigen Weg zurückfinden und Gott selbst als den wahren König erkennen.
Aber Jesus wird nicht als Stellvertreter Gottes anerkannt. Er wird verspottet, gequält und hingerichtet – so als ob er nicht in Gottes Namen gehandelt hätte.
Trotzdem ist sein Tod nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang. Und hier kommt Gott in einer weiteren Weise ins Spiel – als Geistkraft der Liebe, die seit Urzeiten wirkt und lebendig macht. In der Beziehung zwischen Gott und Welt, zwischen Jesus und den einzelnen Menschen war der Heilige Geist ja schon vor Jesu Tod sichtbar und spürbar. Aber dass die Liebe selbst im Namen Gottes wirkt, zeigt sich unmittelbar nach Jesu Tod: Der Heilige Geist macht lebendig. Er begeistert Menschen und bestimmt ihr Denken, Fühlen und Handeln. Die Gläubigen sehen Gott, Jesus, den Tod, sich selbst, ihre Mitmenschen und die ganze Welt in einem neuen Licht. Nicht weil sie intensiv darüber nachgedacht hätten! Sondern weil sie von diesem Geist der Liebe und Anerkennung angesteckt und motiviert sind.